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Multitude: Unterschied zwischen den Versionen

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Vom lateinischen Wort multitudo, die Menge, kommend, ist die englische Variante '''multitude''' vor allem von Antonio Negri und Michael Hardt in ihrem Buch "Empire. Die neue Weltordnung" (2001, engl. Originalausgabe: 2000) in die gegenwärtige politische Diskussion eingeführt worden. Historisch finden sich politische oder philosophische Verwendungen des Begriffs multitudo bereits bei Cicero, Macchiavelli und Spinoza.
 
Vom lateinischen Wort multitudo, die Menge, kommend, ist die englische Variante '''multitude''' vor allem von Antonio Negri und Michael Hardt in ihrem Buch "Empire. Die neue Weltordnung" (2001, engl. Originalausgabe: 2000) in die gegenwärtige politische Diskussion eingeführt worden. Historisch finden sich politische oder philosophische Verwendungen des Begriffs multitudo bereits bei Cicero, Macchiavelli und Spinoza.
  
In ''Empire'' stellen Negri und Hardt den Begriff in den Kontext der gegenwärtigen Globalisierungsprozesse:
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In "Empire" stellen Negri und Hardt den Begriff in den Kontext der gegenwärtigen Globalisierungsprozesse:
 
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''"Der Übergang zum Empire und die damit verbundenen Globalisierungsprozesse bieten neue Möglichkeiten der Befreiung. ... Die politische Herausforderung, so unsere Behauptung, besteht nicht einfach darin, gegen diese Prozesse Widerstand zu leisten, sondern sie umzugestalten und in Richtung auf andere Ziele zu lenken. Im schöpferischen Vermögen der Multitude, der Menge, die das Empire trägt, liegt gleichermaßen die Fähigkeit, ein Gegen-Empire aufzubauen, den weltweiten Strömen und Austauschverhältnissen eine andere politische Gestalt zu geben. ... In diesen und zahlreichen weiteren Kämpfen wird die Menge neue Formen der Demokratie und eine neue konstituierende Macht entwickeln, die uns eines Tages durch und über das Empire hinaus bringen wird."'' (S. 13)
 
''"Der Übergang zum Empire und die damit verbundenen Globalisierungsprozesse bieten neue Möglichkeiten der Befreiung. ... Die politische Herausforderung, so unsere Behauptung, besteht nicht einfach darin, gegen diese Prozesse Widerstand zu leisten, sondern sie umzugestalten und in Richtung auf andere Ziele zu lenken. Im schöpferischen Vermögen der Multitude, der Menge, die das Empire trägt, liegt gleichermaßen die Fähigkeit, ein Gegen-Empire aufzubauen, den weltweiten Strömen und Austauschverhältnissen eine andere politische Gestalt zu geben. ... In diesen und zahlreichen weiteren Kämpfen wird die Menge neue Formen der Demokratie und eine neue konstituierende Macht entwickeln, die uns eines Tages durch und über das Empire hinaus bringen wird."'' (S. 13)

Version vom 23. Februar 2010, 14:51 Uhr

Vom lateinischen Wort multitudo, die Menge, kommend, ist die englische Variante multitude vor allem von Antonio Negri und Michael Hardt in ihrem Buch "Empire. Die neue Weltordnung" (2001, engl. Originalausgabe: 2000) in die gegenwärtige politische Diskussion eingeführt worden. Historisch finden sich politische oder philosophische Verwendungen des Begriffs multitudo bereits bei Cicero, Macchiavelli und Spinoza.

In "Empire" stellen Negri und Hardt den Begriff in den Kontext der gegenwärtigen Globalisierungsprozesse: "Der Übergang zum Empire und die damit verbundenen Globalisierungsprozesse bieten neue Möglichkeiten der Befreiung. ... Die politische Herausforderung, so unsere Behauptung, besteht nicht einfach darin, gegen diese Prozesse Widerstand zu leisten, sondern sie umzugestalten und in Richtung auf andere Ziele zu lenken. Im schöpferischen Vermögen der Multitude, der Menge, die das Empire trägt, liegt gleichermaßen die Fähigkeit, ein Gegen-Empire aufzubauen, den weltweiten Strömen und Austauschverhältnissen eine andere politische Gestalt zu geben. ... In diesen und zahlreichen weiteren Kämpfen wird die Menge neue Formen der Demokratie und eine neue konstituierende Macht entwickeln, die uns eines Tages durch und über das Empire hinaus bringen wird." (S. 13)

"Das allgemeine Recht, ihre eigenen Bewegungen zu kontrollieren, ist letztlich die Forderung der Menge nach einer Weltbürgerschaft." (S. 407)

"Die Menge ist die wahre Produktivkraft der sozialen Welt, während das Empire ein Beuteapparat ist, der von der Lebenskraft der Menge lebt." (S. 75)

Vereinfacht könnte man sagen: Die Multitude ist die Basis der gegenwärtigen Weltordnung, die es in der Hand hat, diese über den Haufen zu werfen.

In ihrem Folgeband "Multitude. Krieg und Demokratie im Empire" (2004) unterscheiden Negri und Hardt die Multitude dann von älteren politischen Konzepten:

"Zunächst wollen wir die Multitude auf konzeptioneller Ebene von anderen Ansätzen unterscheiden, in denen die gesellschaftlichen Subjekte mit Begriffen wie Volk, Masse oder Arbeiterklasse gefasst werden. Volk ist traditonellerweise ein Begriff, der Einheitlichkeit unterstellt. Die Bevölkerung durchziehen alle möglichen Unterschiede, doch die dem Begriff Volk zugrunde liegende Vorstellung führt die Verschiedenheiten auf eine Einheit zurück und macht daraus eine einzige Identität: Das Volk ist eins. Die Multitude hingegen sind viele. Die Menge weist in sich unzählige Unterschiede auf, die niemals auf eine Einheit oder eine einzige Identität zurückzuführen sind...

Nun steht allerdings auch die Masse im Gegensatz zum Volk, denn auch sie lässt sich nicht auf eine Einheit oder eine Identität reduzieren. ... Im Wesentlichen ist sie undifferenziert, in der Masse gehen die Differenzen insgesamt unter, sie werden übertönt, die Couleurs der Bevölkerung verblassen und werden zu Grau. ... In der Multitude hingegen bleibt die soziale Differenz präsent. Die Menge ist bunt wie das Gewand des biblischen Josef. ...

Schließlich ist die Multitude auch von der Arbeiterklasse zu unterscheiden. ...sehr weit gefasst hingegen bezeichnet das Konzept [der Arbeiterklasse] alle Lohnarbeiter und unterscheidet sie damit von den Armen, von unbezahlten Dienstboten und allen anderen, die keinen Lohn erhalten. Multitude ist im Gegensatz dazu ein offenes und inkludierendes Konzept. ... Die Multitude setzt sich potenziell aus all den verschiedenen Gestalten der gesellschaftlichen Arbeit zusammen." (S. 10–11)

Quellen

  • Hardt, Michael & Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung, Campus 2001
  • Hardt, Michael & Negri, Antonio: Krieg und Demokratie im Empire, Campus 2004