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WS: Stadtteilorganisierung RAS 2016

Aus Recht auf Stadt, Plattform fuer stadtpolitisch Aktive

Version vom 23. Mai 2016, 13:11 Uhr von ArminBerlin (Diskussion | Beiträge) (Dokumentation des Workshops Stadtteilorganisierung, RAS Köln 2016)
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Stadtteilorganisierung

Mitschrift vom Workshop auf dem Zweiten bundesweiten Treffen stadtpolitischer Gruppen in Köln, 23. April 2016


1) Ziel: Wozu im Stadtteil organisieren?

  • Recht auf Stadt Köln ist eine Anlaufstelle für Menschen, die Mietprobleme haben. Fragestellung hat sich ergeben: Wo und wie kann man eine Organisierung in Angriff nehmen?
  • Gruppe aus Frankfurt/Main, die Stadtteilorganisierung machen möchte: Frage wird gestellt in welchem Stadtteil organisieren?
  • Erfahrungen von Genoss*innen in Mailand und Madrid, die sich in Randbezirken organisieren:
    • Wird vor dem Hintergrund diskutiert, dass man sich eher mit den Leuten organisieren möchte, die am stärksten von Armut betroffen sind.
    • Soziologischer Ansatz, sich die Stadtteile anzuschauen, in den die meisten SGBII-Empfänger*innen wohnen.
    • Idee aus Frankfurt/Main, als Gruppe in einen solchen Stadtteil zu ziehen.
    • Bedenken: Ist es authentisch, dort als weiße Studierende eine Organisierung anzustoßen?
  • Anderer Ansatz: Sich dort organisieren, wo mensch selbst lebt. Schwer in einem Stadtteil etwas zu machen, in dem man nicht wohnt.
  • Wichtig: Alltagsbegegnungen möglich machen, z.B. einen Laden aufmachen etc. → Auch immer eine Frage der Ressourcen.

Wozu im Stadtteil Organisieren?

  • Global denken und lokal handeln: Stadtteilorganisierung als zukunftsweisende Organisierungsform
  • Mögliches, perspektivisches Ziel: Estado Comunal (Idee aus Venezuela). Idee im Quartier anzufangen, Räte zu bilden, die sich um die Belange der Nachbarschaft kümmern (ca. 400 Nachbar*innen). Diese können sich dann wieder zu Kommunen zusammenschließen… etc.
  • Jeder Stadtteil muss organisiert werden. Auch auf gesamtstädtischer Ebene müssen Dinge organisiert werden.
  • der Kern einer Organisierung ist die Verdichtung der direkten Beziehungen.
  • Was ist der Ort für Basisorganisierung? Der Arbeitsort ist es jedenfalls immer weniger – stattdessen der Stadtteil als Alltagsebene, Raum sozialer Beziehungen, Nähe/Betroffenheit…
  • Inwieweit ist eine Organisierung auf Stadtteilebene, automatisch an die Wohnungsfrage gekoppelt? Könnte ja auch als antifaschistische Stadtteilorganisierung oder zum Thema Arbeit, Bildung, Gesundheit etc gedacht werden!?
  • Offene Frage: Sind alle Netzwerke die sich von unten Organisieren emanzipatorisch? Widersprüche und Fragen tauchen auf: z.B.: Wie umgehen mit rechten/reaktionären Ansichten, mit konservativen Mobilisierungen, mit Abschottungen gegen alles Fremde/Andere usw.? ...

Nochmal darüber nachdenken, was kann die nachbarschaftliche Organisierung und was kann sie eben nicht? (Wer wird gehört? Wer nicht? Welche Themen können in diesem Rahmen verhandelt werden? Wie Politik der eigenen Scholle verhindern?)


2) Vielfalt in der Organisierung

  • Beispiel für Vielfalt: Unterschiedliche Bedürfnisse, die als Einzelforderungen aufgestellt werden. Beispiel Hamburg: Unterschiedliche Gruppen innerhalb des Recht-auf-Stadt Netzwerks, die Bezug aufeinander nehmen – von Flora bis Esso-Häuser.
  • immer wieder auftauchendes Problem, dass oft eine Schlüsselperson die Kontakte zwischen den unterschiedlichen Gruppen zusammenhält (z.B zwischen den Aktiven und den Adressaten der Organisierung in der Nachbarschaft). Wer übernimmt diese Rolle und was ist wenn diese Personen wegfallen? Ansätze:
    • Rolle benennen
    • Erfahrung: oft rücken Menschen nach, wenn diejenigen wegbrechen (dieser Ressourceneinsatz Einzelner behindert auch Selbstorganisierung)
    • Skillsharing: andere in die Rolle bringen, sie dazu qualifizieren
    • Tandems bilden
    • Verstetigung der Organisierung als Aufgabe – das bedeutet: Aufgaben abgeben, Ressourcen teilen

→ Transparent machen, welche Aufgaben zu diesem „Job“ dazugehören, was genau gemacht wird um die Gruppe zusammenzuhalten. Problem, dass es oft eine implizite Rolle ist, die nicht immer bewusst übernommen wird.

  • Beispiel Kotti & Co: Vielfalt und Unterschiedlichkeit: Zwischen Kurden und Erdogan- Anhänger*innen entstand ein Konflikt. Vorschlag sich auf Minimalkonsens zu einigen (in dem Fall geht es um steigende Mieten). Bei Kotti & Co werden solche Diskussionen mit „das klären wir bei einer Tasse Tee“ aus dem Plenum genommen.


3) Mit welchen Angeboten – wen organisieren?

  • Eigene Betroffenheiten und Bezugnahmen: Was ist der gemeinsame Nenner?
  • Beispiel: „Never mind the paper“ gemeinsames Arbeiten von Menschen mit und ohne Papieren.
  • Was sind die Dinge, die stattfinden müssen, damit die Organisierung emanzipatorisch bleibt? Denn Stadtteilorganisierung kann auch konservativ sein. Auch „Bürgerwehren“ u.ä. sind eine Form der Organisierung!
  • Szenario: AfD-Ideen bei Personen, die in die Stadtteilinitiative gehen. Wie begegnet man denen mit guten Argumenten? Stadtteilarbeit heißt, mit konträren Positionen umzugehen, sich trotzdem klar zu positionieren, und auch andere Positionierungen zuzulassen.
  • Wie baut man konkret eine Initiative auf:
    • An Orte der Empörung (z.B. offizielle Beteiligungs-/Infoveranstaltungen, ...) gehen und dann gemeinsam ein Gegenkonzept setzen?
    • Beispiel, wie kontroverse Diskussion entstehen kann: Zusammen e.V. (Frankfurt/M.) haben Stände aufgebaut und Fragen gestellt: Was interessiert euch eigentlich? Wo sind eure Probleme? Dann Veranstaltung gemacht, in der diese diskutiert wurden. Konflikte haben sich ergeben, aber es war produktiv.
    • Konflikte vorwegnehmen: Z.B. Initiative „Wohl oder Übel“ (Hamburg) thematisiert zukünftigen Leerstand einer Schule, die bald geschlossen wird – davon ausgehend beginnt ein Organisierungsprozess

4) Welche Ressourcen haben/brauchen wir?

  • Inwieweit verhindern Ressourcen eine Form der Organisierung und wann nicht?
  • Verstetigung von Organisierung: Bevor man anfängt, abklopfen, welche Ressourcen sind da und kann man überhaupt eine Kontinuität gewährleisten. (Beispiel punktuelle Organisierung von Sexarbeiter*innen in Hamburg, und dann hatte niemand mehr Ressourcen weiter zu machen…)
  • interessant auf Organisierungsreste zu stoßen (ehemalige Stadtteilorganiserungen etc.) und auf Vorhandenes aufzusetzen.
  • Anders an die Resourcenfrage herangehen? Gibt es ein Anlass, dass sich die Leute im Stadtteil organisieren? Damit es nicht nur drei Leute gibt die Organisieren, sondern 40? Untersuchung nötig zu was bewegt Menschen?
  • Bedenken: Mit jedem Geld, das benutzt wird, muss man unheimlich aufpassen, z.B. Quartiersmanagement besser nichts annehmen. Denn wenn sie wegbrechen dann ist man im Arsch. Denn wir werden nur finanziert wenn wir auch den staatlichen Institutionen nutzen.

Fazit:

Es gibt kein Rezept für eine gute Stadtteilorganisierung, sie ist immer kontextabhängig. Erfahrungen austauschen ist wichtig. Diskussion muss fortgesetzt werden, hier wurde sie zum Teil etwas zu abstrakt geführt. Wunsch nach Konkretisierung. Mehr Austausch darüber wie es im konkreten Fall funktioniert hat.