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Wir fordern ein soziales städtisches Wohnungsunternehmen!

Aus Recht auf Stadt, Plattform fuer stadtpolitisch Aktive

Version vom 15. Dezember 2015, 17:02 Uhr von IngoBerlin (Diskussion | Beiträge)
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Offener Brief an die Hamburger Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk und die Vorstandsmitglieder der SAGA GWG vom 20.05.2010


Sehr geehrte Frau Hajduk,

sehr geehrte Mitglieder des Vorstands der SAGA GWG,

wir, MieterInnen der SAGA GWG und die Arbeitsgruppe „Mieten und Wohnen“ im Netzwerk „Recht auf Stadt“, protestieren gegen die Unternehmenspolitik des städtischen Wohnungsunter-nehmens SAGA GWG. Es wird Sie nach den verschiedenen Veröffentlichungen nicht wundern, dass wir über die Entwicklung des Hamburger „Wohnungsmarkts“ höchst unzufrieden sind, insbe-sondere über die Rolle der SAGA GWG. Als MieterInnen dieses öffentlichen Wohnungsunterneh-mens, als mittelbar betroffene NachbarInnen oder als VertreterInnen der MieterInneninteressen er-leben wir in den vergangenen Jahren, dass die SAGA GWG sich wie jedes x-beliebige Wohnungs-unternehmen verhält, dessen Hauptziel die Erwirtschaftung von Rendite ist. Von ihrem Kernziel, eine soziale, ausgewogene Wohnungspolitik zu befördern, hat sie sich damit meilenweit entfernt.

Konkret kritisieren wir an der SAGA GWG-Unternehmenspolitik u.a., dass

  • die Nettokaltmieten der ungebundenen SAGA GWG-Wohnungen seit Ende der Neunziger-jahre fast doppelt so schnell wachsen wie die Preise auf dem übrigen Hamburger Woh-nungsmarkt. Damit treibt die SAGA GWG die Erhöhung der Mietenspiegelsätze voran;
  • jeder neue Mietenspiegel postwendend dazu führt, für einen Großteil der MieterInnen die Mieten schnellstmöglich und überdurchschnittlich anzuheben (dies traf mindestens 23.000 Haushalte nach Veröffentlichung des „Mietenspiegels 2009“);
  • den auslaufenden Sozialbindungen in einer großen Zahl der Fälle flächendeckende, miet-preissteigernde Modernisierungen folgten;
  • der Bestand an Sozialwohnungen drastisch zurückgegangen ist (von 107.000 im Jahre 1990 auf 46.629 Ende 2009);
  • seit Ende der Neunzigerjahre durchschnittlich gut 200 Wohnungen pro Jahr aus dem Be-stand an private EigentümerInnen verkauft wurden;
  • die über den Mietenspiegel verkündete Hochgruppierung von der normalen in die sogenann-te gute Wohnlage umgehend zu drastischen Mieterhöhungen in SAGA GWG-Häusern be-troffener Straßenzüge führt;
  • im Jahresdurchschnitt des letzten Jahrzehnts gerade einmal 250 bis 300 Wohnungen neu ge-baut worden sind.

Aus all dem folgt für uns, dass die SAGA GWG mittlerweile eine der VerursacherInnen der Woh-nungsmisere, der Verteuerung und Verdrängung in Hamburg ist. In den innerstädtischen Quartieren trägt die SAGA GWG damit wesentlich zur Gentrifizierung bei. Mitverantwortlich ist dafür aller-dings eine von der Senatspolitik angeordnete und von der SAGA GWG-Unternehmensführung klaglos akzeptierte Auflage: Von 2007–2011 muss die SAGA GWG alljährlich rund 100 Mio. Euro „erwirtschaften“, um diesen Betrag für die Übernahme der GWG – eines ebenfalls öffentlichen Wohnungsunternehmens – an die Stadt abzuführen. Es handelt sich um Geld, das uns SAGA GWG-MieterInnen durch Mieterhöhungen abgeknöpft und für städtische Prestigeprojekte wie die Elbphil-harmonie zweckentfremdet wurde und wird. Wir halten diese Politik unseres städtischen Woh-nungsunternehmens für unerträglich und fordern eine sofortige Kurskorrektur.

Unsere Forderungen:

  • Die SAGA GWG muss ein soziales städtisches Wohnungsunternehmen sein, das einen Be-stand an bezahlbarem Wohnraum in allen Hamburger Stadtteilen sicherstellt. Sie muss in angemessenem Umfang Sozialwohnungen an attraktiven Standorten bauen, um den Woh-nungsbedarf einer wachsenden Zahl von Menschen mit wenig Einkommen zu decken!
  • Die Mieten der SAGA GWG-Wohnungen müssen sich an der realen Einkommenssituation ihrer BewohnerInnen und an der gesellschaftlichen Realität unsicherer, schlecht bezahlter Beschäftigungsverhältnisse orientieren!
  • Die SAGA GWG darf nicht zu der stetigen, für viele Menschen nicht mehr tragbaren Erhö-hung der Hamburger „ortsüblichen Vergleichsmiete“ beitragen, wie sie es jetzt durch Miet-erhöhungen mit dem Ziel der Angleichung an den mittleren Satz des Hamburger Mieten-spiegels tut. Stattdessen muss die SAGA GWG die Mieterhöhungen nach dem Mietenspie-gel 2009 zurücknehmen und auf weitere Mieterhöhungen sofort und bis auf Weiteres ver-zichten!
  • Die ca. 400 Millionen Euro, die die SAGA in den vergangenen Jahren für den „Kauf“ der GWG an die Stadt abgeführt hat, müssen an die SAGA GWG zurückgezahlt werden. Dieses Geld sowie der jährliche Gewinn sollen für den Neubau von Sozialwohnungen und Instand-setzungen sowie Modernisierungen ohne Mieterhöhungen des bestehenden Wohnungsbe-stands verwendet werden!
  • Der Verkauf von Wohnungen aus dem Bestand der SAGA GWG muss sofort eingestellt werden!
  • Bei der SAGA GWG muss eine Beteiligungsstruktur für ihre MieterInnen eingeführt wer-den, damit gewährleistet ist, dass deren berechtigte Belange bei der Unternehmenspolitik des städtischen Wohnungsunternehmens Berücksichtigung finden!
  • Alle für die SAGA GWG-Tätigen müssen nach Tarifrecht bezahlt werden. Ihre (bisherigen) Stellen dürfen nicht durch Zeitarbeitsfirmen (wie die 100prozentige Tochterfirma „Büro-Consult Hamburg Gesellschaft für Personaldienstleistungen mbH“ = BCH) und Ein-Euro-Jobs (wie im Falle des Einsatzes in Hausbetreuer- und Pförtnerlogen) ersetzt werden.

Die SAGA GWG muss unseres Erachtens eine grundsätzliche Kehrtwendung vornehmen. Ihre Un-ternehmenspolitik und die Vorgaben der Senatspolitik müssen endlich dem selbst gesteckten Ziel gerecht werden, nämlich der „sicheren und sozial verantwortlichen Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit Wohnraum ... zu angemessenen Preisen“ (aus der Festschrift „SAGA GWG Konzern 10 Jahre 1999 – 2009“).

Über die Umsetzung dieser und weiterer Forderungen wollen wir mit Ihnen auf einer öffentlichen Veranstaltung diskutieren. Erklären Sie Ihre Bereitschaft, diese Auseinandersetzung zu führen!

Es grüßt Sie die SAGA GWG-MieterInnenversammlung vom 29. April 2010 und die Arbeitsgruppe „Mieten und Wohnen“ im Netzwerk „Recht auf Stadt“.