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Kongress 2011/Was machen Medien mit Bewegungen, was machen Bewegungen mit Medien

Aus Recht auf Stadt, Plattform fuer stadtpolitisch Aktive

SA 4 June 2011 in: Gängeviertel

Abstract

Do we need the media in order to achieve our goals? Which media and which goals do we want to reach? And: what is the price to pay for media exposure? We are interested in the extent to which established media serve to amplify 'undercover' structures of domination within self-managed groups. The workshop will cast light on these informal and media-related structures, in order to consider possible changes.

Brauchen wir die Medien, um unsere Ziele zu erreichen – welche Medien und welche Ziele wollen wir erreichen? Und: Was ist der Preis der Medienwirksamkeit? Uns interessiert, inwiefern etablierte Medien Verstärker verdeckter Herrschaftsstrukturen innerhalb selbstorganisierter Gruppen sind. Im Workshop werden diese informellen und medialen Strukturen in Hinblick auf mögliche Veränderungen beleuchtet.

Ergebnisse, Gedanken, Kommentare / Results, Thoughts, Comment

Im Rahmen des Workshops „Was machen Medien mit Bewegungen, was machen Bewegungen mit Medien?“ wollten wir, die „Zehn“ Organisator_innen mit bewegungs- und kulturpolitischen wie auch medialen Hintergrund, anhand einiger Beispiele einen Anstoß zur Diskussion über die Rolle von Medien, die Frage nach den politischen Zielen, aber auch über die Wirkungsweise und den möglichen Preis einer stark auf mediale Präsenz ausgerichteten Politik geben.

Das Thema stieß bei den über 40 Teilnehmer_innen auf reges Interesse. Ob für den Autonomen aus Stuttgart, die Pressevertreterin des WDR, den Aktivisten aus der Wuppertaler Initiative, die Besetzer-Aktivistin aus Berlin oder viele Hamburger Aktive – das Verhältnis von Medien und politischer Bewegung scheint von aktueller Relevanz zu sein.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, bei dem wir unsere Motivation thesenhaft skizzierten, präsentierte Feuerlöscher-TV, ein alternatives, lokales und unabhängiges Medium aus Hamburg einen Film zu Protesten aus dem Recht auf Stadt-Netzwerk, der als ein praktisches Beispiel aus dem Bereich der alternativen Medienarbeit diente. Anschließend wurden einige Hamburger Kampagnen analysiert, die sich Bildsprachen der Massenmedien aneignen und sie ironisch affirmieren.

Um aber auch das Grundproblem der Organisationsformen politischer Gruppen (auch in Bezug auf den Umgang mit Medien) näher zu beleuchten, wurde den Beiträgen ein Kurzreferat des Textes „The Tyranny of Structurelessnes“ an die Seite gestellt, der sich mit den negativen Folgen informeller Organisationsstrukturen beschäftigt und die Frage der Repräsentation für basisdemokratisch orientierte Gruppenzusammenhänge in der (Medien-)Öffentlichkeit kritisch behandelt.

Auf der Grundlage des einstündigen Inputs, der sowohl praktische Beispiele als auch einen strukturellen Analyserahmen anbot, begann – auf Wunsch der Workshopteilnehmer_innen – vorzeitig die Diskussion. Weitere Beiträge zur „medialen Konkurrenz und feindlichen Übernahme beim Kampf gegen die Ansiedlung von Ikea in Altona“ wurden dabei hinten angestellt.

Im Verlauf der zweistündigen Diskussion beteiligten sich viele der im Raum Anwesenden, wodurch das Thema noch einmal durch die unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven positiv erweitert und bereichert wurde.

Besonders kontrovers wurden die Fragen diskutiert, ob und inwiefern Massenmedien inhaltlich/ideologisch filtern, ob und welche Chancen man hat, ihren Output zu beeinflussen und was man deren Erwartungshaltung und Fixierung auf sich faktisch generierende, oder von Initiativen bestimmte Sprecher_innen entgegnen kann. Das Spektrum der Haltungen dazu reichte von Varianten sehr reduzierter Kooperation mit Medien, etwa zu Ankündigungszwecken, über die Forderung nach „Professionalisierung“ der Aktivist_innen im Sinne eines journalistischen Profils und der Anpassung an die Erfordernisse der Medienformate, bis hin zu Möglichkeiten einer taktischen Unterwanderungsstrategie: man erfinde eine Pressesprecherin und lasse jede_n in ihrem Namen Pressearbeit machen.

Darüber hinaus wurde diskutiert, wie man mehr Aktivist_innen mit dem erforderlichen Know-How zur Medienarbeit ausstatten könnte, um einer Konzentration auf einige wenige Sprecher_innen entgegenzutreten und inwiefern es für die politischen Ziele notwendig und erforderlich sein kann, auf derartige Strategien zurückzugreifen.

Am Beispiel Gängeviertel vs. Frappant wurde schließlich erörtert, inwiefern die öffentliche Wahrnehmung durch die etablierte Presse mit bestimmten normativen Bildern konstituiert wird. Ob der Erfolg von Kampagnen und entsprechenden politischen Gegenstrategien damit steht und fällt, wie gut es ihnen gelingt, sich in die kulturell-konformen und bürgerlich-verträglichen Prämissen und Wertorientierungen eingliedern zu lassen und sich für diese als anschlussfähig erweisen. Außerdem wurde am Beispiel Gängeviertel die Frage diskutiert, wie mit einem, einmal in den Medien entstandenen und schwer zu revidierenden Image und den daran geknüpften Erwartungen umgegangen werden kann, wenn das verfestigte Bild nicht gewünscht wurde, oder nicht mehr gewünscht wird.

Wir empfanden die Resonanz auf den Workshop als sehr gut und anregend und nehmen den Wunsch für eine Fortführung in der nächsten Zeit gerne auf.


Im Nachklapp des Workshops wurden wir vom FSK interviewt. Das Interview wird am 19. Juli zwischen 14-16 Uhr gesendet. Link zur Sendung: www.wiseup.de


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